Ein zentraler Ort für jüdisches Leben und jüdische Kultur in Hamburg
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In einem internationalen zweiphasigen Realisierungswettbewerb wird ein städtebaulich-freiraumplanerischer Entwurf zum Wiederaufbau der 1938 zerstörten Bornplatzsynagoge gesucht. Teams aus Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros können sich bis zum 07.10.2024 zur Teilnahme bewerben.
Zwischen 1904 und 1906 entstand nach den Plänen der Architekten Ernst Friedheim und Semmy Engel am Bornplatz im Hamburger Grindelviertel eine der größten Synagogen Deutschlands. Der repräsentative Bau prägte das Stadtbild durch seine freistehende Lage im Stadtraum und seine neobarocke Architektursprache. Aus der Bebauung ragte die markante Kuppel in über 40 Meter Höhe hervor und war damit prägender Teil der Silhouette Hamburgs. Vielmehr aber bildete die Synagoge das religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum der Jüdischen Gemeinde in Hamburg.
Am 9. November 1938 wurde die Synagoge auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei in Brand gesteckt und die Tora sowie weitere kultische Gegenstände wurden geschändet. Im Jahr 1939 wurde die Jüdische Gemeinde gezwungen, das Grundstück zu einem geringen Preis an die Stadt zurückzugeben und auf ihre eigenen Kosten den Abbruch der beschädigten Synagoge durchzuführen. Damit ging ein zentraler Ort des jüdischen Lebens in Hamburg verloren. 1942 wurde durch die Nationalsozialisten ein Bunker errichtet, der bis heute den Ort bestimmt und den ehemaligen Bornplatz in den Allende-Platz und den Joseph-Carlebach-Platz auftrennt.
Nur wenige Monate nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft bauten jüdische Hamburgerinnen und Hamburger am 18. September 1945 die Jüdische Gemeinde wieder auf. Seitdem hat sich das jüdische Leben in Hamburg entwickelt: Die neue Synagoge an der Hohen Weide konnte 1960 eingeweiht werden, die Josef-Carlebach-Schule in der ehemaligen Talmud-Tora-Schule nahm 2007 ihren Betrieb auf. 2018 wurden in Hamburg erstmals wieder Rabbiner ordiniert. Heute zählt die Jüdische Gemeinde in Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts über 2.300 Mitglieder. Es gibt aktives jüdisches Leben, das orthodoxe und liberale Glaubensströmungen umfasst. Jedoch klafft abseits des Bunkerbaus seit der Zerstörung der Synagoge eine bauliche Lücke und für die Jüdische Gemeinde eine über die Zeit nur provisorisch behandelte Wunde. Seit 1988 zeichnet ein Bodenmosaik Grundriss und Gewölbe der Synagoge nach, womit an diesen bedeutenden jüdischen Ort in Hamburg erinnert werden soll. Überreste der Bornplatzsynagoge befinden sich unter dem aktuell existierenden Bodenmosaik und unter der sonstigen Fläche des Areals der ehemaligen Bornplatzsynagoge.
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Die über Jahrzehnte formulierte Forderung der Jüdischen Gemeinde nach einem Wiederaufbau mündete 2019 in eine öffentliche Debatte, in deren Folge die Hamburgische Bürgerschaft 2020 einstimmig die Forderung der Jüdischen Gemeinde nach einer Rückkehr der jüdischen Religionsausübung an den Bornplatz unterstützte. Mehr als 100.000 Menschen in Hamburg und darüber hinaus unterstützten die Initiative für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge an. Nachdem der Deutsche Bundestag am 27.11.2020 die Förderung des Wiederaufbaus beschlossen hatte, stimmte die Hamburgische Bürgerschaft 2023 einheitlich dafür ab, den Bornplatz an die Jüdische Gemeinde zurückzugeben, das dort vorhandene Bunkergebäude abzureißen und sich auch finanziell am Wiederaufbau der Synagoge zu beteiligen.
Eine 2022 durchgeführte Machbarkeitsstudie des Architekturbüros Wandel Lorch Götze Wach legte den Grundstein für die städtebauliche Struktur der künftigen Planung. Zudem wurden im Januar 2024 die Untersuchungen des Archäologischen Museums Hamburg auf dem Joseph-Carlebach-Platz abgeschlossen, die bedeutende historische Zeugnisse der zerstörten Synagoge hervorbrachten. Nun hat die Jüdische Gemeinde in Hamburg, mit Unterstützung durch die Stiftung Bornplatzsynagoge und die Senatskanzlei des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, einen internationalen zweiphasigen Realisierungswettbewerb zum Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge ausgelobt. Teams aus Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros können bis zum 07.10.2024 ihre Bewerbung zur Teilnahme am Wettbewerb einreichen, für den die 25 besten Teams ausgewählt werden. Welche der von diesen Teams eingereichten Entwürfe für die zweite Phase ausgewählt werden und welcher Beitrag den Wettbewerb gewinnt, entscheidet eine hochkarätig besetzte Jury. Die Preisträgerinnen und Preisträger des Wettbewerbs stehen voraussichtlich im Herbst 2025 fest.
Die Durchführung des Planungswettbewerbs, der konkrete Entwürfe für die hochbauliche und freiraumplanerische Umsetzung des Wiederaufbaus liefern soll, wird durch eine Zuwendung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat finanziert. Die Stadt Hamburg fördert und begleitet die nächsten Schritte auf dem Weg zur Umsetzung des bedeutenden Vorhabens eng.
Ort
Hamburg
Auftraggeber
Jüdische Gemeinde in Hamburg KdöR; mit Unterstützung durch die Stiftung Bornplatzsynagoge und die Senatskanzlei des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg; in Abstimmung mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und dem Bezirksamt Eimsbüttel; im Einvernehmen mit der Behörde für Kultur und Medien, Denkmalschutzamt Hamburg, und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat
Jahr
seit 2023
Thema
Wiederaufbau einer 1938 in Brand gesteckten Synagoge
Verfahren
Nicht-offener zweiphasiger hochbaulich-freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb
Leistungen
Komplette Verfahrenskoordination
Ansprechpartner
David Senger
Nils Polzin
Marek Nowak
Termine
30.09.2024: Frist für schriftliche Rückfragen
07.10.2024: Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge
Bildrechte
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